#115 Carola Zarth, wie begegnet das Handwerk den heutigen Herausforderungen?
Shownotes
Fachkräftebedarf, Akademisierungswahn und Gewerbeflächenmangel. Das sind nur drei Themen, die das deutsche Handwerk aktuell beschäftigen. Wie kann das Handwerk diesen Problemen entgegenwirken? Darüber haben Jan Peter Kruse und Steffen Range, Chefredakteur der Deutschen Handwerks Zeitung, gemeinsam mit Carola Zarth gesprochen. Sie ist Präsidentin der Handwerkskammer Berlin und Gründungsmitglied der Unternehmerfrauen im Handwerk.
Wie sie die Herausforderungen des Handwerks wahrnimmt und welche Lösungswege sie dafür sieht, hört ihr in dieser Folge von Handwerk erleben!
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Speaker 2: Hallo und herzlich willkommen zu Handwerkerleben, eurem Talk im Handwerkerado. Schön, dass ihr dabei seid. Wir führen das Gespräch heute zu zweit. Steffen Rangel, Chefredakteur der Deutschen Handwerkszeitung und ich sind hier heute vor Ort in Berlin. Und ja, wir sind zu Besuch hier bei der Handwerkskappe in Berlin. Erst mal Hallo, Steffen. Hallo. Und hier geht es heute gleich das Kfz-Handwerk, den Lehrlingsmangel und die Rolle der Frauen im Handwerk. Wir sind zu Gast bei Carola Zart. Carola Zart ist seit Peter
Speaker 2: 2019 Präsidentin der Handwerkskammer Berlin, als erste Frau in der 125-jährigen Geschichte der Kammer. Die Kfz-Unternehmerin führt in dritter Generation einen Familienbetrieb in Charlottenburg. Sie sagt selbst von sich, zwei Punkte liegen mir besonders am Herzen, junge Leute für das Handwerk zu begeistern und Fachkräfte zu gewinnen bzw. zu halten. Ja, und darüber wollen wir uns jetzt mal gleich eben unterhalten. Hallo Frau Zade. Ja, herzlich willkommen hier in Berlin bei uns. Steigen wir gleich ein. Sie wurden ja gerade, wie lange ist es her, einstimmig wiedergewählt. Genau, im Mai letzten Jahres einstimmig wiedergewählt, habe mich darüber auch sehr gefreut, weil das Handwerk ja immer gleichzeitig auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mitvertritt. Und Sie sind jetzt quasi in der zweiten Amtszeit Präsidentin der Handwerkskammer in Berlin. Was war jetzt die größte Herausforderung, seitdem Sie Präsidentin sind?
Speaker 1: Ich hatte das Pech oder auch das Glück, dass ich 2019 Präsidentin geworden bin und dann haben wir ja, wie wir alle wissen, im Februar 2020 dann sofort die Corona-Pandemie gehabt. da musste ich tatsächlich sehr viel auf das Thema Videokonferenzen, auf das Thema Digitalität umsteigen. Das B2B. klappte halt nicht mehr, wir konnten nicht mehr so wirklich beieinander sein. Das war eine Herausforderung, aber es hat einen ja auch gestärkt und ich glaube das Handwerk allgemein auch gestärkt. Ein Problem, was heißt Problem, eine Herausforderung eben, eine zusätzliche Herausforderung hat das Handwerk sicherlich, ich habe das Thema schon in der Einleitung genannt gehabt, bei dem Thema des Fachkräftemangels. Wie stark spüren Sie das selbst als Unternehmerin auch? Ja, also ich spreche ungern von Mangel, muss ich ganz ehrlich gestehen. Ich spreche lieber von Fachkräftebedarf, weil wenn wir drei uns jetzt hier mal in die Augen schauen und wir würden mal darüber reden, wollen wir denn irgendwo hingehen, wo ein Mangel herrscht? Nicht jeder von uns möchte das, also wahrscheinlich keiner möchte das von uns. Und insofern geht mir das Thema eigentlich lieber in den Bereich Fachkräftebedarf. Und das können wir meines Erachtens nach selber steuern. Zum Beispiel wie...
Speaker 1: Ja, wir müssen ausbilden, ausbilden, mal ausbilden. Ich in meinem Unternehmen, ich selbst, bilde seit jetzt ganz knapp 40 Jahren, da war gar nicht so, nee, 30 Jahren, 30 Jahren, wir wollen uns nicht übertreiben, seit über 30 Jahren aus, aber bei uns in der Firma, wir sind dieses Jahr 95 Jahre alt geworden, gilt von je her, dass wir ausbilden. Und ich bin ganz ehrlich, ich habe auch wenig Verständnis dafür, wenn ich auf Kollegen treffe oder Kolleginnen treffe, die mir sagen, Ausbildung, Dafür habe ich keine Nerven mehr. Ich glaube, wir haben keine Alternative zur Ausbildung. Thema ist Ihnen in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Sie sprechen sich gegen den Akademisierungswahn aus. Sie machen sich also für die Gleichwertigkeit von Ausbildung und akademischem Lebenslauf stark. Wie kommt das Handwerk denn hier voran? Ja, also nicht so gut, wie ich mir das vorstellen würde. war 2015 oder 2016, muss es gewesen sein, bei uns hier in Berlin bei einer Meisterfeier. Da hatten wir das Glück, dass Nina Rümmelin aufgetreten ist als Gastredner. Und der hat 2014 das Buch herausgebracht, der Akademisierungswahn. Und es ist tatsächlich so, dass alles, was man in diesem Buch lesen kann, eins zu eins ja das ist, was uns heute im Grunde genommen überrannt hat. letztendlich überrannt hat uns eigentlich nicht, wenn man überlegt, was ich gerade gesagt habe, 2014 ist dieses Buch erschienen. Wir haben tatsächlich ein großes Problem, dass immer noch sehr, sehr viele Menschen der Ansicht sind, dass man nur mit einem Studium glücklich werden kann in diesem Leben. Und ich glaube, wenn man mit jungen Handwerkerinnen und Handwerkern spricht, auch wenn man unsere Image-Kampagne anschaut, dann weiß man, dass das
Speaker 1: Nicht alles ist, was man im Leben erreichen kann, ein abgeschlossenes Studium. Das Image des Handwerks hat sich ja schon etwas verbessert. Sie haben auf die Image-Kampagne abgestellt. Gerade laufen wieder Kinospots. Trägt das Früchte? Ich hoffe doch sehr. Ich glaube, Anfang an, seit 15 Jahren, im Arbeitskreis Image Kampagne beim Zentralverband des Deutschen Handwerks. Ich muss sagen, alle Kampagnenläufe, es waren bis jetzt drei, die haben immer wieder einen Schritt den Berg hinaufgeführt. Es ist wirklich ein Wandel spürbar, aber nicht in der Größe, wie wir ihn bräuchten. Sie haben sich auch immer für die Integration von Flüchtlingen eingesetzt. Ich habe in der letzten Zeit das Gefühl, dass bei dem Thema etwas die Luft raus ist. Oder lassen Sie mich härter sagen, die Euphorie ist etwas verflogen. Wie bewerten Sie das? Also wir haben hier 2015 in Berlin das Projekt Arrivo gemeinsam mit der Senatsverwaltungsleben gerufen, was es auch noch immer bis zum heutigen Tage gibt, wo Handwerksbetriebe auch beraten werden in der Frage, wie man
Speaker 1: Integration bei geflüchteten Menschen hinbekommt, wie man geflüchtete Menschen in den Ausbildungsberuf reinbekommt und so weiter. ich sage mal auch ganz ehrlich, auch hier haben wir keine Alternative. Wir wollen diese jungen Menschen, wir wollen die Menschen, die zu uns kommen, in die Arbeit bringen. Ich glaube bloß, dass die Politik da deutlich schneller werden muss, dass einfach an der Stelle den Betrieben sehr, sehr viele Hürden in den Weg gelegt werden. Und wir brauchen natürlich eins ganz klar, wir unglaublich viele gute, was soll ich jetzt sagen, Deutschlehrer oder Deutschlehrerinnen. Wir brauchen auf jeden Fall gute Kurse, die Menschen einfach mit einem Mindestmaß an Deutsch auszustatten, denn wir alle wissen, und das brauche ich Ihnen beiden auch nicht zu sagen, dass eine Ausbildung im Anfarkt jetzt auch nicht ganz einfach ist. Die Wirtschaft in Berlin, aber auch in anderen Metropolen wie München, Hamburg, Frankfurt, klagt über Gewerbeflächenmangel. Wie stark sind Handwerksbetriebe durch die Verdrängung aus den Innenstädten bedroht? Also hier in Berlin sehr stark. Das braucht man gar nicht beschönigen. Es geht ja bei uns auch hier in Berlin tatsächlich darum, dass jeder, der hier aus dem Kammerbezirk Berlin rausgeht, automatisch im Kammerbezirk Brandenburg, also bei einer der drei Kammern, landet. Und wir haben tatsächlich hier eine sehr starke Verdrängung in Berlin. Wir haben aktuell knapp 30.000 Betriebe. Und als der neue Senat vor anderthalb Jahren hier seine Arbeit angefangen hat, ich bei dem Senator für Stadtentwicklung ins Büro gegangen und habe zur Begrüßung gesagt, ich möchte nicht in einigen Jahren Kammerpräsidentin von 20.000 statt 30.000 Betrieben in Berlin sein. Es ist ein ganz, ganz großes Thema. Gewerbeflächen, wir sind jetzt im Moment dabei über das Thema Gewerbehöfe.
Speaker 1: wieder sehr stark mit dem Berliner Senat hier zu sprechen. Ganz wichtiges Thema, aber es geht natürlich nicht schnell genug und wir stellen auch immer wieder fest, auch hier so bisschen das Thema Wertschätzung ein Thema ist, denn die Nachbarn, die rechts und links von einem Betrieb, der vielleicht seit Jahrzehnten am Standort schon ist, eingezogen sind, denen fällt dann erst auf, dass ein Betrieb manchmal vielleicht ein bisschen lauter sein könnte. habe ich am eigenen Leib erfahren. Auch bei uns im Betrieb ist das ein Thema und hat zur Änderung der Öffnungszeiten geführt. Und Handwerker finden keine Parkplätze mehr in Innenstadt, oder? Richtig. Also wir haben hier zunehmend das Problem, dass in einigen Bezirken, wo auch Parken immer mehr zum Aufregerthema wird, würde ich das mal nett umschreiben, die Betriebe uns auch ganz klar signalisieren, dass sie keine Aufträge mehr annehmen. Dass sie wirklich in einigen Bezirken hier nicht mehr bereit sind, Aufträge anzunehmen, weil sie eine sehr lange Anfahrt haben, wenn sie denn von weiter wegkommen, also aus den Randgebieten von Berlin, aber dass sie auch vor Ort eben keine Parkplätze mehr finden.
Speaker 1: Wir bekommen dann Anfragen von der Bezirksverwaltung, von Wirtschaftsverwaltung aus den Bezirken, die dann bei uns sagen, Anwohnerinnen und Anwohner beschweren sich, dass sie keine Handwerker mehr bekommen. Und das ist auch genau ein Thema. Mich hat neulich jemand angesprochen, einen Journalist angesprochen und sagte, dann hat das Handwerk ein Problem. Und ich habe geantwortet, nein, nicht das Handwerk hat ein Problem. haben als Anwohnerinnen und Anwohner, als Gesellschaft haben wir ein Problem, wenn das Handwerk in den Kiezen nicht mehr vor Ort ist. Und es ist nicht das Problem des Handwerks, es ist das Problem einer ganzen Stadtgesellschaft. Gibt es jetzt Ideen, wie man das lösen kann? Platz ist das eine, das andere ist, Erlaubnis zu geben, oder? Absolut. Wir haben hier in Berlin ein sogenanntes Aktionsprogramm Handwerk, das wir alle drei Jahre mit dem Berliner Senat vereinbaren. Und da sind 20 Punkte drin, wo man sich nicht nur in die Augen schaut und schön Wetter miteinander macht, sondern wo man wirklich konkret drei Jahre lang an diesen Punkten arbeitet, in der Verwaltung und in der Handwerkskammer. Und einer der ganz wesentlichen und entscheidenden Punkten ist das Handwerkerparken in der Stadt. Und zwar auch für kleine Aufträge. Wir reden jetzt gar nicht von einer großen Baustelle, die über ein halbes Jahr oder was dauert. Da sind sowieso andere Verfahren notwendig. Aber es geht auch ich sag mal, wahrsten Sinne, eine Rohrreinigung. Es geht auch darum, dass an der einen oder anderen Stelle mal das Paket in Ordnung
Speaker 1: gebracht werden muss oder was auch immer. Also auch kleinere, zeitlich überschaubare Aufträge. Manchmal eilt es ja auch. Ich möchte ja nicht im Kalten sitzen. Ich möchte wieder eine Heizung haben, die funktioniert. Dann muss ich ja relativ schnell zumindest irgendwo so eine Fläche zur Verfügung stellen. Absolut. Da sind wir gerade dran, dass wir uns damit dem Senat ganz klar zusammensetzen und dieses Thema angehen. Und wir sind da auf einem guten Weg. Und ich hoffe, dass wir da auch sehr zeitnah eine Lösung hinbekommen, indem wir nicht nur Handwerkerparkausweis haben, sondern auch tatsächlich dann dazu die ausgewiesenen Flächen. Ähnlich wie beim Lieferzonenthema. dass wir sagen, eine Lieferzone, die gleichzeitig auch das Thema Handwerkerparken umfasst. anderes Thema, aber eines, mit dem Sie sich schon sehr lange beschäftigen. Sie engagieren sich nämlich schon seit Jahrzehnten für Frauen im Handwerk. Sie haben 1991 den Verein Unternehmerfrauen im Handwerk mit begründet, zumindest in Berlin, sind dort ja auch Ehrenvorsitzende. Was würden Sie sagen, wie weit haben es Frauen im Handwerk heute leichter als Anfang vielleicht der 90er Jahre? Ja, ich glaube schon, dass Frauen im Handwerk das einfacher haben. Gerade das Thema Netzwerk, was es ja glaube ich in den 90ern so zumindest noch nicht gab, dass das Thema Netzwerken ein ganz wesentlicher Punkt ist, miteinander Dinge eben nach vorn zu treiben. Aber es gibt auch immer noch Hürden und eine der Hürden ist tatsächlich auch, junge Frauen fürs Handwerk zu begeistern.
Speaker 1: Wir haben nicht nur das Problem, dass wir allgemein diesen Akademisierungswahn haben, sondern dass wir uns wirklich schwer damit tun, junge Frauen fürs Handwerk zu begeistern. Die, die nachher im Handwerk gelandet sind, die müssen wir nicht mehr begeistern. Aber der erste Schritt ist schon nicht ganz einfach. Meinen Sie damit, sich an Berufe heranzuwagen, die vielleicht auf den ersten Blick sagen wollen, das ist vielleicht nichts für eine Frau, aus welchem Grund man das auch immer sagt? Ja, das glaube ich. da gilt für mich, das ist für mich der wichtigste Punkt, geht Vorbilder, Vorbilder, Vorbilder. Also ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, für mich war ein Vorbild, der Name ist glaube ich auch über Berlin, weit über Berlin bekannt, Heidi Hetzer. Heidi Hetzer, die ja auch hier im Berlin ein Autohaus hatte, aber ihrerseits aber auch, ich glaube, Rennfahrerin war und das war für mich ein Vorbild, wo ich gesagt habe, wenn diese Frau das geschafft hat, Kfz-Handwerk gut unterwegs zu sein, dann schaffst du das auch. Und solche Vorbilder braucht es und ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig und davon brauchen wir viel, viel mehr und wir müssen... diese Vorbilder sichtbar machen. Das versuchen wir in der Image-Kampagne, das versuchen wir bei den Unternehmerfrauen und in vielen anderen Netzwerkbereichen, sodass wir wirklich auch junge Frauen, auch bei den Junioren des Handwerks versuchen wir auch junge Frauen nach vorne zu stellen und wie gesagt bei den Frauen im Handwerk genauso. Also es braucht Vorbilder und Netzwerken.
Speaker 2: Ich würde interessieren, wie das bei Ihnen war früher. Der Betrieb wurde von Ihrem Großvater gegründet, ein Kfz-Betrieb. Ihr Vater hat Ihnen fortgeführt. Und dann tat sich die Frage auf, wer übernimmt. Und soweit ich informiert bin, sind Sie zwei Schwestern. Und dann kommt sicherlich die Frage auf, ja, können wir das? das so? Ist das ein Thema? Ist das angesagt? Gibt es irgendwelche Hürden, die zu nehmen sind? Oder war für Sie klar? Nee, das mache ich auf jeden Fall. War das von Anfang an? Vielen Ich habe mit 14 ein Praktikum gemacht bei uns im Betrieb und da war mir tatsächlich klar, ich will das machen, ich will diesen Betrieb übernehmen, aber ich bin tatsächlich keine Kfz-Meisterin. Ich habe auch nie in einer Werkstatt gearbeitet. Mich hat tatsächlich immer dieser Kontakt mit dem Kunden sehr fasziniert, aber ich fand es auch selbstverständlich, den Betrieb zu übernehmen. Und in der Zeit, wenn Sie so danach fragen, ist es tatsächlich oft mal war natürlich so gewesen, dass man im Laden steht oder in der Kundienstannahme steht und ein Fahrzeug annimmt und dann gucken die Leute so über den Kopf hinweg und sagen, wo ist denn jetzt hier der Meister, wo ist denn hier der Inhaber. Aber da reden wir wirklich von den 80er Jahren, in denen ich im Betrieb angefangen habe. ja, also Gott sei Dank, mir passiert das jetzt nicht mehr. Was würden Sie jetzt jungen Frauen zurufen, die sich überlegen, ins Handwerk zu gehen und auch vielleicht Berufe vor Augen haben, wo man sagt, das ist auf den ersten Blick bisher nicht so typisch gewesen. Was würden Sie denn zurufen, was würden Sie sich wünschen, wie die jetzt agieren?
Speaker 1: Ja, also ich sag mal einfach machen oder einfach ausprobieren. Die Image-Kampagne hat ja jetzt einen neuen Slogan, wir ab dieses Jahr verwenden. Wir können alles, was kommt. Und warum denn nicht mal einfach ausprobieren? Ich meine, heutzutage haben wir doch nicht mehr die Situation, dass man auch nicht nochmal vom Weg abweichen kann oder nochmal was anderes machen. Wir merken es ja schon an der Stelle, dass wir auch im Handwerk immer mehr Studienabbrecher fürs Handwerk eben auch begeistern können. Und insofern, es ist doch nicht so, dass ein Beruf jetzt mittlerweile in dieser Zeit, in der wir leben, in Stein gemeiselt ist. Auch wenn ich glaube, dass die Scheinmetze jetzt sagen würden, das wäre gut, wenn es Aber wir können doch viel ausprobieren. Vielleicht muss man sich einfach mal trauen. Wir haben hier in Berlin in dieser Thematik, die ich vorhin erwähnt habe, Aktionsprogramm Handwerk, auch einen Meisterbonus vom Senat. Und da gibt es eine ganz bestimmte Klausel mit in diesen Meisterbonus. Also es gibt hier in Berlin 5000 Euro bei einer bestandenen Meisterprüfung, ohne dass man sich selbstständig machen muss. Also es gibt sie für die bestandene Meisterprüfung für Landeskinder. Und wenn man als Frau in einem ich sag mal, untypischen Frauenberuf oder typischen Männerberuf, wie immer man das formulieren will, wie es heute noch dargestellt wird, seine Meisterin macht, dann gibt es 1000 Euro mehr. Und das soll nur ein kleiner Anreiz sein, aber ich sag mal, daraus sieht man schon, dass offensichtlich auch die Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey der Meinung ist, dass Frauen alles können. Und insofern sollten wir uns doch auch mal trauen, alles zu können.
Speaker 2: Es gibt eine Liste dieser Berufe, die ist erstellt worden. Es gibt wohl eine Liste, ich kann Ihnen das nicht genau sagen, ich vermute mal, dass Kfz oder Bau oder was auch immer auch dazu gehört, aber es sind diese Frauen-untypischen Berufe, wie man so schön sagt, und ja, und da gibt es eben diesen Sonderbonus noch obendrauf. Mich würde auch interessieren, wie es damals war, wie sind Sie zu den Unternehmerfrauen des Handwerks gekommen? Ich glaube, da gibt es eine kleine Geschichte. Ja, das ist ganz wichtig. Ich habe das Handwerkmagazin gelesen und da war ein Bericht drin über die U Cristi. Und dann habe ich gesehen, dass es da einen Kontakt drin gab in dieser Story. da ging es, glaube ich, zum Landesgewerbeamt Karlsruhe. Und man hat mich dann telefonisch so weitergestellt, bis ich bei demjenigen gelandet bin, der sehr an der Gründung der UfH in den Landeskreisen so beteiligt war. Und dann habe ich den gefragt, ja, wo kann ich mich denn in Berlin hinwenden? Dann sagte er zu mir, ja, in Berlin, da gibt es sowas leider nicht. Aber ich bin nächste Woche
Speaker 1: in Berlin. Lassen Sie uns doch mal einen Kaffee trinken gehen. Fragen Sie nicht, wie ich aus dem Café wieder rausgekommen bin. Sie können sich wahrscheinlich schon denken, ich hatte den Auftrag in Berlin, Arbeitskreis der Unternehmerfrauen im Handwerk zu gründen. Das habe ich dann 1991 mit einigen Mitstreiterinnen gemacht und witzigerweise war das damals tatsächlich noch relativ ungewöhnlich, dass sowohl ich als auch eine zweite Dame bei mir aus dem Vorstand beides Unternehmerinnen waren. Und insofern haben wir hier in Berlin immer so ein bisschen auch eine andere Rolle gehabt an der Stelle. Was aber besonders schön und das würde ich noch gerne loswerden, war, wir reden von 1991. Das war ganz kurz nach der Maueröffnung. Und wir haben diesen Arbeitskreis hier in Berlin gegründet. Und für mich als ehemalige West-Berlinerin war eine der schönsten Erlebnisse, dass dieser Arbeitskreis die Frauen aus Ost und West verbunden hat. Und wir als, also ich als Unternehmerin jetzt nicht direkt, aber das viele meiner Arbeitskreisfrauen aus dem ehemaligen Westteil. unglaublich von den Ostfrauen lernen konnten. Weil zu der Zeit tatsächlich die Ostfrauen, das Thema Beruflichkeit sehr viel stärker unterwegs waren. Und darauf bin ich immer noch sehr stolz, dass dieser Arbeitskreis eine unglaublich tolle Zusammenführung von Ost und West gewesen ist und man sehr, sehr viel von den Frauen lernen konnte. Im Sinne sich zu organisieren, da gab es ja auch eine sehr gute Ausstattung, was die Kinderbetreuung angeht. Aber vielleicht haben Sie ganz konkrete Beispiele lernen können. Oder ist es dann auch das Selbstverständnis, Beruf und Familie zu vereinbaren? Oder was meinen Sie genau?
Speaker 1: Ja, das Selbstverständnis. war zu der Zeit, obwohl man jetzt rückblickend denkt, solange ist es doch noch gar nicht her, tatsächlich schon. noch mal ganz anders, wie die Frauen im Osten mit dem Thema Berufe umgegangen sind und dass sie eben Vollzeit tätig waren. das war jetzt tatsächlich im Westteil der Stadt an einer ein oder anderen Stelle noch nicht unbedingt so angekommen. Und insofern war das wunderbar, auch diese Vorbilder oder Beispiele eben zu haben. Und da sind wir wieder beim Thema Es braucht die Vorbilder, es braucht das Netzwerk. das was die Unternehmer vor einem Handwerk ja bieten. Das Ehrenamt ist Ihnen generell wichtig, war das so bisschen der Start ins Ehrenamt bei Ihnen? Kann man das so sagen? Weil ab da waren Sie dann glaube ich immer stärker im Ehrenamt engagiert. Wie wichtig ist Ihnen selbst das Ehrenamt? Das Ehrenamt ist für mich unglaublich wichtig. habe mal irgendwie komisch geantwortet bei einem Interview und da stand am nächsten Tag in der Zeitung, ich gehe Ehrenamt. Und der ganze Satz war eigentlich, andere gehen joggen, ich gehe Ehrenamt. für mich, mich hat jemand gefragt, was machen Sie denn so in Ihrer Freizeit? Ja, was mache ich denn? Ich mache Ehrenamt im Handwerk. Und das war der Titel dann in der Zeitung. das Witzige ist oder witzig, es ist einfach so, dass Ehrenamt im Handwerk bedeutet für mich einfach eine Einstellung, die für mich im Leben unglaublich wichtig geworden ist.
Speaker 2: Was würden Sie jemandem sagen, der jetzt gerade so überlegt, sich zu engagieren im Ehrenamt, im Handwerk? Das kann jetzt zum Beispiel sein als Sachverständiger, als ehrenamtlicher Prüfer, was auch immer. Was gibt es demjenigen, derjenigen? Man wächst. Man wächst unglaublich mit seiner Aufgabe. Also ich glaube, wer der Ansicht ist, dass er im Ehrenamt irgendwie finanziell einen Ausgleich findet oder so, der sollte es lassen. Ehrenamt im Handwerk bedeutet, sich einzubringen, aber aus der Situation eben auch unglaublich viel für einen selbst zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Ich glaube auch, dass ich hier nicht sitzen würde mit Ihnen gemeinsam als Präsidentin der Handwerkskammer Berlin, wenn mich das Ehrenamt nicht so geprägt hätte und ich mich nicht so hätte weiterentwickeln können. Denn Sie haben es vorhin angesprochen, tatsächlich ... ist dieser Weg seit 1991 nie abgebrochen. ging dann eben über meinen Vorgänger, der mich gefragt hat, ob ich in die Vollversammlung will, bis hin zu der Tatsache, dass ich dann in den Vorstand der Handwerkskammer kam. So ging der Weg eben immer weiter und das hat mich schon sehr geprägt. Und es hat mich mit unglaublich vielen tollen Menschen zusammengeführt, Handwerkerinnen und Handwerker, mit denen man gemeinsam ganz tolle Dinge erreichen kann. Und es bringt mir auch persönlich sehr, sehr viel Mehrwert.
Speaker 2: Vielen Dank. Erst mal bis hierher. Wir kommen jetzt noch zu einem Blog mit ein paar persönlichen Fragen. Wobei die erste ist so bisschen eine Brücke, denn Sie sind Chefin. Sie sind Chefin, Sie sind hier Präsidentin. sind in dem Betrieb zu Hause ja auch in einer solchen Rolle. Wie würden Sie Ihren Führungsstil bezeichnen? Also ich glaube der Führungsstil von Frauen ist grundsätzlich eben ein Frauenführungsstil. Bei mir, ähm, irgendeiner muss am Ende des Tages eine Entscheidung treffen und die treffe ich auch. Aber es ist tatsächlich so, dass ich alle vorher auch anhöre. Also es ist mir schon wichtig, die Meinung meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch die Meinung meiner Auszubildenden zu hören. ich hinterfrage auch genau, selbst wenn sie manchmal nicht antworten wollen oder man ihnen alles aus der Nase ziehen muss, dann frage ich schon sehr stark danach. wir sind ja nun schon etwas stärker. Also ich hatte zwar auch mal weibliche Auszubildende und weibliche Mitarbeiterinnen in der Werkstatt, aber momentan eben eher Männer. Es ist schon wichtig und das ist ein anderer Führungstier, den Frauen haben, aber mir ist schon sehr wichtig, dass man alle mitnimmt. Ich glaube, geht auch nicht anders heutzutage im Handwerk. Würden Sie sagen, dass es für Sie als Frau schwieriger war, sich in der KFZ-Branche da zu behaupten?
Speaker 1: Im Betrieb glaube ich nicht, weil ich hatte einen Vater, der vom ersten Tage an mich geglaubt hat. Und das hat es mir einfacher gemacht, wobei man muss auch sagen, mein Vater ist, da war ich 28, ist sehr früh verstorben mit 60 Jahren. ja, da musste ich natürlich sehr, schnell die komplette Verantwortung übernehmen. Und da gab es zu der Zeit natürlich auch Mitarbeiter, die über Jahrzehnte schon im Betrieb sind. Und sowas führt auch am Anfang zu Schwierigkeiten. Ja, ist dann so, aber auch auf diesem Weg wächst man und ja, das gehört alles dazu. Man wird davon geprägt, aber man lernt auch, es gibt eben gute und schlechte Situationen, aber man merkt auch dann, was treu ist. Man merkt auch, welche Mitarbeiter treu sind und welche ganz besonders am Betrieb, am an der Handwerksfamilie, an der Betriebsfamilie hängen. Das eine sind gute und das andere sind schlechte Erfahrungen, aber allgemein denke ich mal, ist es gut, es ist. Wir versuchen es mal in die Vergangenheit zurückzuversetzen. Ihr Großvater, der kannte noch Robert Bosch persönlich. Die Frage, die man sich mal stellen könnte, jetzt, was würde er wohl heute zu der Digitalisierung im Kfz-Handwerk sagen, wenn er das jetzt alles heute erleben würde, was da alles passiert ist.
Speaker 1: Also was mein Großvater dazu sagen würde, kann ich ihn gar nicht so beantworten. Aber ich glaube Robert Bosch wäre begeistert. Das kann ich ihn auf jeden Fall sagen. Wir sehen Sie es. Also wir benötigen oder wir brauchen die Digitalisierung. Wir haben hier vor, ich glaube, ein, zwei Wochen bei uns im Bildungszentrum hier auf der anderen Straßenseite gerade das Thema Cobots und Exoskelette als Veranstaltung gehabt und der Zulauf war toll. Wir haben unglaublich viele interessierte Betriebe gehabt, die sich das anschauen und Ich glaube, die Digitalisierung wird zumindest im Handwerk keine Menschen, keine Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen vertreiben, sondern der Kollege Kobots wird Seite an Seite mit uns arbeiten. So wird der Weg sein und ich glaube, Das muss man einfach auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr gut klar machen, indem man sie mitnimmt auf diesem Weg und indem man ihre Neugierde eben auch weckt. Und ich glaube, bei den Jüngeren hat man da gar keine Probleme und bei den Älteren muss man eben bisschen hartnäckiger sein, dann wird es auch klappen. Und insofern werden wir dann eben den Kollegen Kopperts mit am Frühstückszisch sitzen haben.
Speaker 2: Jetzt wirklich zum Schluss haben wir noch ein paar ganz kompakte Fragen, wo ich aber auch darum bitte, dass Sie die sehr kompakt beantworten. Die erste Frage, stellen wir allen unseren Interviewgästen. Gibt es irgendjemanden? mit dem Sie gerne mal einen Tag oder eine Woche tauschen würden, seine Rolle einnehmen würden. Das muss nicht nur beruflich sein. Das kann auch Kunst sein, das kann Kultur sein, das kann Sport sein, das kann alles Mögliche sein. Gibt es irgendwas, wo sagen, das möchten Sie gerne mal einen Tag oder auch eine Woche erleben, nachvollziehen zu können, was derjenige da tut, was er empfindet, was er macht. Dann würde ich sagen, ich hätte gerne mal mit Angela Merkel getauscht und hätte mal eine Woche miterlebt, was sie gemacht hat. Was war die beste, wichtigste Entscheidung, die Sie bisher getroffen haben? dass ich den Betrieb meiner Familie übernommen habe und dass ich ihn bis heute weiterführe.
Speaker 3: Und was war die schwierigste Entscheidung? Die schwierigste Entscheidung ist, wenn man sich von Mitarbeitern trennen muss. Man muss aber dann immer an das große Ganze und vor allem auch an die anderen Kollegen denken, an die Betriebsfamilie und dann sind manche Entscheidungen nicht ganz einfach. Nächste Frage wäre, was bedeutet für Sie Handwerk? Handwerk ist meine Leidenschaft, halbes Leben und das, mir eine Kollegin von mir würde sagen, was meine Herzensangelegenheit ist. Und was ist für Sie Heimat?
Speaker 1: Heimat ist, abends nach Hause zu kommen, nach einem anstrengenden Tag in der Firma und anschließend einen anstrengenden Abend im Ehrenamt und dann noch eine kleine Leuchte im Fenster zu sehen und zu wissen, jemand wartet zu Hause. haben Sie ein Vorbild. Mein Vater war immer mein Vorbild. Und was bedeutet Glück für Sie? Glück bedeutet für mich Zufriedenheit, eine gesunde Familie und im Leben zufrieden zu sein und in dem, was man macht und tut.
Speaker 3: Das passt schon zur letzten Frage. Haben Sie ein Lebensmotto? Wir können alles was kommt. In diesem Sinne, vielen, vielen Dank für das Gespräch, Frau Zart. Und alles Gute. Dankeschön. Ich danke Ihnen.
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