#129 Lea Wuttke-Dichter, was macht den Orgelbau für dich so besonders?

Shownotes

In dieser Folge von "Handwerk erleben" tauchen wir ein in ein faszinierendes Handwerk, das nur noch in wenigen hundert Betrieben in Deutschland ausgeübt wird: den Orgel- und Harmoniumbau. Moderator Max Herrmannsdörfer begrüßt Lea Wuttke-Dichter, die uns direkt aus einer Kirche in Velbert zugeschaltet ist, wo sie gerade Restaurationsarbeiten an einer Orgel durchführt. Mit Leidenschaft gibt sie Einblicke in einen Beruf, der Handwerkskunst und Musik auf einzigartige Weise verbindet.

Lea berichtet, wie sie nach ursprünglichem Interesse am Gitarrenbau durch Zufall zum Orgelbau kam und 2016 ihre Ausbildung begann. Was sie besonders an diesem Handwerk schätzt, ist die Verbindung von Holzarbeit und Musik sowie die Langlebigkeit der geschaffenen Werke. "Man schafft etwas mit seinen eigenen Händen, wovon man dann ein Leben lang was hat. Und auch noch die Menschen, die danach kommen", erklärt sie ihre Motivation.

Besonders spannend sind ihre Einblicke in die technischen Aspekte des Orgelbaus. Von pneumatischen über mechanische bis hin zu elektrischen Systemen – jede Orgel hat ihre Eigenheiten, ähnlich wie verschiedene Automodelle. Bei ihrer täglichen Arbeit kümmert sich Lea um die Wartung, Stimmung und Reparatur dieser komplexen Instrumente, die teilweise aus tausenden von Pfeifen bestehen. Die größte Orgel in Deutschland verfügt sogar über 18.000 Pfeifen, was die Dimension dieses Handwerks verdeutlicht.

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Max Herrmannsdörfer: Diese Folge wird unterstützt vom Holzmann Medienshop, deinem Partner in Sachen Fachmedien für Mittelstand und Handwerk. Handwerk erleben. Der Podcast mit den spannendsten Geschichten aus dem Handwerk und darüber hinaus. Heute blicken wir in ein Handwerk, in dem es aktuell nur wenige hundert Betriebe und etwa 2500 Mitarbeitende gibt. Und eine davon ist heute bei mir zu Gast. Und damit herzlich willkommen bei Handwerk erleben. Ich bin Max Hermannsdörfer und ich darf jetzt ganz herzlich Lea Wood Gedichte begrüßen. Sie ist Orgel und Harmonium Bauerin. Herzlich willkommen Lea. Hallo und danke, dass ich dabei sein darf. Lea, ich freue mich, dass du teilnimmst und alle, die jetzt zuhören, die wissen gar nicht, wo du dich gerade befindest. Ich kann dich sehen und ich sehe, du bist direkt an der Orgel, bist an deinem Handwerk quasi genau drin. Erzähl mal kurz, wo bist du gerade? Ich bin gerade im Mitten in Fellberg. Hier haben wir nämlich vor kurzem eine Orgel restauriert und ich mache jetzt noch so die kleinen Restarbeiten. ja, dann kann sie wieder jeden Sonntag im Gottesdienst gespielt werden. Also das ist wirklich cool. Das hatten wir auch selten, dass tatsächlich direkt aus der Arbeitsstätte hier ein Podcast aufgenommen wird. Direkt am Arbeitsplatz. ist wirklich, wirklich cool. Jetzt ist eine Orgel etwas, was vermutlich alle kennen, wo jeder weiß, okay, Da gibt es Pfeifen, gibt es viele Tasten, da gibt es vielleicht noch Knöpfe, die man ziehen kann. Aber du bist ja nicht nur Orgelbauerin, sondern auch Harmoniumbauerin. Das gehört mit zu dieser Ausbildung. Was ist denn ein Harmonium genau? Ja, das ist im Prinzip eine Orgel in Miniformat, die man mit den Füßen betätigt. ich selber, muss jetzt mal zugeben, ich habe noch nie ein Harmonium gebaut. Aber der Beruf, heißt einfach so. Genau, also da gibt es halt eben so zwei kleine Bällchen, die man halt eben tritt. So mit Läuftenorgel und dann also das Harmonium. Und dann kann man eben wie an einer normalen Orgel auch Register ziehen. dann gibt es ein Manual. Also ungefähr 56 Tasten sind das in etwa. Und ja, im Prinzip tatsächlich eine Orgel, Klein, die ohne Strom funktioniert. Okay, okay. Hat dieses Harmonium dann auch Pfeifen wie eine Orgel?

Max Herrmannsdörfer: Ne, nicht ganz. Also es gibt bestimmt welche, die haben Pfeifen, aber die haben eher so eine Art, das kann man sich vorstellen wie eine Mundharmonika oder so. die haben dann so... Wie heißt das jetzt? Der Fachbegriff weiß ich jetzt auch nicht, aber Mundharmonika, ja, entstehen die Töne auch durch den Luftfluss, der dann durch die einzelnen, ich weiß nicht, sind Kammern, sind es Öffnungen? Ich kann dir den Fachbegriff nicht sagen. Also das heißt Harmonienzungen, ich habe nur irgendwas gesucht gerade, womit ich das besser erklären kann. das kann man sich so ein bisschen vorstellen wie ein Lineal, so ein Metall Lineal, was man jetzt an der Tönekante hält und das dann in Schwimmung bringt. Also so in etwa kann man sich das vorstellen. Okay, okay, das können sich vielleicht der eine oder andere noch vorstellen. Ich habe das in der Schule immer gemacht mit einem Lineal am Tisch. Das hat immer die Lehre ein bisschen genervt, aber ja, ich kann mir vorstellen, wie diese Töne dann entstehen. Wir bleiben aber heute mal schwerpunktmäßig bei den Orgeln und beim Orgelbau oder auch bei dem, was du jetzt gerade machst. Du bist also in einer Kirche aktuell. Ich denke, Kirchen, das sind auch die Orte, wo die allermeisten Orgeln zu finden sind, oder? Genau. Also in Kirchen oder auch in Philharmonien oder Konzertsälen, da gibt es auch welche. gibt auch welche, die haben die zu Hause bei sich im Wohnzimmer stehen. Was ich sehr beneide übrigens. Die sind dann vielleicht bisschen kleiner dimensioniert als manche Kirchenorgeln. Aber ja, es gibt sicher auch Leute, haben daheim eine Orgel stehen. Warum auch nicht. Jetzt nehmen wir auf, wir haben heute Montag, der 30.6. Es hat deutschlandweit, glaube ich, weit über 30 Grad aktuell. Hast du mit einem der kühlsten Arbeitsplätze aktuell in der Kirche? Nee. Also ich habe hier eine Kirche erwischt, die jetzt auch gerade, ich gucke, fast 27 Grad hat. Tatsächlich, ich dachte Kirchen, sind immer kalt, also es ist angenehm zu arbeiten im Sommer. Nee, also hier jetzt gerade nicht, weil vielleicht liegt es auch daran, weil gerade eben alle Türen auf waren. Hier war nämlich ein Vogel in der Kirche, den ich noch versucht habe, hier raus zu scheuchen. Es hat funktioniert, ich konnte den dann raustragen. Vielleicht hat sie sich jetzt auch dadurch ein bisschen aufgewärmt, aber...

Max Herrmannsdörfer: Also doch, meistens sind Kirchen doch recht kühl. Generell ein angenehmer Arbeitsplatz im Sommer, wenn man die richtige Kirche getroffen hat und wenn keine Vögel in der Kirche sind. Kannst du mal erklären, was hast du dann heute bisher so gemacht an dieser Orgel? Also ich habe hier auf jeden Fall mal geguckt, wie die Stimmung ist von der Orgel. die ganzen Technik Sachen nochmal durchgeschaut, bisschen nachreguliert, weil so eine Orgel hat ja wirklich super viele Mechanikteile und die müssen ab und an mal überprüft werden und auch mal nachgejustiert werden und das habe ich im Prinzip jetzt die letzten drei Stunden, vier Stunden gemacht. Ist das so eine Dauer, wo du sagst, ja man braucht da locker mal drei, vier Stunden, bis man alle Teile, alle Mechaniken einmal geprüft hat? So eine Orgel ist doch riesengroß, oder? Also es kommt vor, dass man mal den ganzen Tag an so einer Mechanik sitzt. Manchmal sind es aber auch nur 15 Minuten. Also es kommt immer auf die Orgel drauf an. Hier bei ihr ist das jetzt so, die wurde ja jetzt gerade erst gemacht, die muss sich erst mal setzen. Jetzt ist es warm, Luftfeuchtigkeit ist hoch, es ist total drückend und die Holzteile arbeiten natürlich. Und wenn ja, die Stimmung an sich, die geht eigentlich recht schnell. Also. Wenn ich die jetzt richtig durchstimmen würde, wäre ich jetzt bei 18 Register auch so drei Viertelzach beschäftigt ungefähr. Okay, also eine Orgel zu warten, zu restaurieren ist zeitintensiv. Ich kenne die meisten Orgel nur von unten aus der Kirche. Wenn ich mal nach oben geguckt habe, sieht man riesige Orgelpfeifen. Wenn man mal oben auf der Empore ist, dann sieht man, okay, hier wird gespielt, hier gibt es mehrere Das kannst du jetzt erklären, wie genau eine Orgel aufgebaut ist und wie sie klingt. es gibt mehrere. Es sind keine Tastaturen, es sind auch keine Klaviaturen. Was sind die Fachbegriffe für die Tasten, man spielt bei einer Orgel? Tatsächlich Tasten. Die sind in verschiedenen Reihen angehört. Es gibt mehrere Reihen meistens. Genau, also hier sieht man zum Beispiel gerade zwei Reihen. Also heißt die Orgel hat zwei Manuale.

Max Herrmannsdörfer: Und es gibt Orgel mit sieben Manualen, es gibt welche mit drei, also das variiert dann auch gerne mal. Wie ist eine Orgel aufgebaut? Also erstmal der Spieltisch, man sieht dann eben hier auch die Register und so. Man guckt dann auf den Fußpedal noch drauf und wenn man jetzt mal von den Registern weiter in die Orgel geht, hat man super viel Mechanik. Wenn die auch mechanisch gebaut ist, da gibt es auch noch Unterschiedlichkeiten. Dann sieht man also wirklich mega viele Stränge, die durch die Orgel dann auch gehen und verschiedene Etagen mit Pfeifen. Also jedes Register hier, jeder Knopf hat natürlich eine ganz eigene Reihe an Pfeifen. Wenn es 56 Tasten sind, es Pfeifen auf einer Reihe. Es sei denn, die haben mehrere Chöre. Wenn es eine Mixtur ist, dann hat sie 56 mal 4 oder 5 Pfeifen drauf. Je nachdem und... Ja, und die großen Pfeifen, die man sieht, wenn man auf eine Orgel guckt, das sind die sogenannten Prospektpfeifen. Die beinhalten auch eigentlich immer ein sehr wichtiges Register in der Orgel und zwar unter anderem auch ein Register, mit dem man die ganze Orgel stimmen kann. Ich habe gelesen, manche Pfeifen funktionieren gar nicht. Die sind da nur zur Serie, für die Optik angebracht. Auch das gibt es. Ja, es gibt sogar welche, die sind eigentlich aus Fals, das sieht man aber von unten gar nicht. Da wurden die so angemalt wie richtige Pfeifen. Dann man hoch und guckt ein bisschen blöd aus der Wäsche. Okay, wir reden da ja nicht von von 10 oder 20 Pfeifen, sondern wir reden da ja teilweise von tausenden Pfeifen. Ich meine, die größte Orgel in Deutschland hat 18.000 Pfeifen. Das ist ja Wahnsinn. Was gibt es da alles zu zu warten, wenn du an so eine Orgel hinkommst? Was tust du da genau? Also ich überprüfe erstmal die Technik, ob alles funktioniert, ob alle Töne auch vernünftig ziehen. Bei so einer Orgel kann man ja auch die Manuale übereinander koppeln. man kann im Prinzip erst stimmen, wenn alle Manuale richtig gekoppelt sind. Und die Mechanik zieht. Bei einer elektrischen Orgel ist es natürlich egal. Da kannst du ja koppeln, wie du willst, da passiert nichts.

Max Herrmannsdörfer: Dann fange ich an mir die Windanlage anzugucken, ob alles dicht ist, ob das Leder noch gut ist, der Motor wird geölt. Dann fange ich an zu gucken, ob die Orgel dann sehr verstimmt ist. Es gibt drei unterschiedliche Kategorien, wie man eine Stimmung vornehmen kann. Es gibt einmal die Teilstimmung. Da stimmt man dann eigentlich nur die Zungenregister, also die Trompeten und Schalmein, wie das alles heißt. Dann gibt es eine Nebenstimmung. wird neben den Zungen noch mal geguckt, mit den anderen Pfeifen alles okay ist. Da auch nur teilweise Pfeifen gestimmt. Oder teilweise nur Register, eben zum Beispiel einen Deckel haben, die rutschen dann gerne mal. Eine Hauptstimmung ist, man guckt sich jedes Register an. Man guckt sich alle Registriermöglichkeiten an, ob da alles in sich dann stimmt. Manchmal schnappt man sich da mal ein Stimmgerät und stimmt dann mal ein Register durch und auf dieses Register zieht man dann alles und da gibt es eigentlich super viele Möglichkeiten. Es ist super interessant. So eine Orgel ist ein sehr, sehr komplexes Instrument. Meiner Meinung nach, ich kann keine Orgel spielen, aber es wirkt für mich so, als wäre es wahnsinnig kompliziert. Wie schwer ist es wirklich, Orgel zu spielen? Das weiß ich nicht so genau, weil ich spiele selber gar keine Orgel. Ich klimper nur ein bisschen rum, wenn ich am Ende gucken muss, ob alles denn stimmt. Das war's. Ich kenne Leute, die spielen wirklich fantastisch und verdammt gut Orgel. Das sieht bei denen immer so wahnsinnig einfach aus. Aber wenn man sich dann selber da hinsetzt und das versucht, da verknoten sich meine Beine manchmal. Das ist dann schon ein bisschen schwierig. Das ist ja auch ein Unterschied zum Klavierspielen oder zum Keyboard. Klar, auch beim Keyboard oder Klavier hast du Fußpedale, denen du die Töne oder das, du spielst, beeinflussen kannst. Aber bei der Orgel spielst du ja sogar auch mit den Füßen. Das finde ich völlig absurd. Es gibt ja auch an der Orgel auch manchmal diese Pedale, die man auch bei einem Klavier sieht. Das sind dann auch so Hebel. Nur sind das in dem Fall dann keine...

Max Herrmannsdörfer: Pedale, womit man jetzt den Ton länger halten kann, das tut eine Orgel ja eher so. Solange man den Ton drückt, man kann den jetzt 30 Jahre halten und der funktioniert immer noch. Aber diese Pedale, die sind dann dafür da, zum Beispiel Koppel zu schalten. Und je nachdem, ob es eine mit einem sozusagen Sätzeanlage ist, kann man dann auch verschiedene Kombinationen dann weiter schalten mit den Füßen auch. Also das hat die Orgel jetzt hier nicht. Aber es gibt welche, die haben da unendlich viel Kram. Ja, das ist super interessant. Also an alle Zuhörerinnen wenn ihr das nächste Mal in der Kirche seid, schaut euch mal die Orgel an und schaut mal, was ihr so sehen könnt und wie das so aussieht. Dann wisst ihr auch, was die Lea, was du mir jetzt gerade erzählt hast, wie die Orgel bei dir jetzt aktuell aussieht. Lea, lass uns mal ein paar Jahre zurückschauen, weil du hast dieses Handwerk ja gelernt. Du bist ausgebildet in diesem Handwerk. Warum hast du dich für diese Ausbildung entschieden? Das ist auch eine lustige Geschichte. Ich wollte eigentlich Gitarrenbauerin werden. Das hat sich aber irgendwie nicht ergeben, weil die Verhältnisse dafür einfach nicht gestimmt haben mit Betrieb, der erst in Köln gewesen ist, wo ich hätte lernen können. Meine Eltern haben dann irgendwann so gesagt, wusstest du eigentlich, dass es in Menschenklappbach einen Orgelbauer gibt? Und dann habe ich gesagt, nö. Ich habe vorher auch noch nie irgendwas mit Orgeln am Hut gehabt, ich sagen. Also ich habe es mir dann angeguckt. Das erste Praktikum habe ich Anfang 2016 gemacht. Das zweite dann irgendwann im Juni, Juli, glaube ich, noch mal. Und da habe ich die Ausbildung gemacht. Okay. Zwei Praktika, weil du einfach genauer wissen wolltest, wie sieht dieser Job aus? Oder was war der Grund? Genau. Weil ich fand das einfach klasse. Also so ein altes Holzhandwerk mit Musik kombiniert. ist ja so das Ding für mich damals gewesen. Somit war es dann eigentlich auch schon direkt mich geschehen. Also Holzarbeiten fand ich schon immer super, Musik habe ich schon immer geliebt und immer selber gerne gemacht. Ja, also ich kann einfach neben der Arbeit auch musizieren und das ist schön, auch wenn ich keine Orgel spielen kann. Aber es reicht mir schon, wenn ich so zwei Tasten drücke und merke wow. Hast du dann damals, als du dich für diesen Beruf entschieden hast, für diese Ausbildung entschieden hast, hast du gewusst, dass

Max Herrmannsdörfer: Orgelbauer, Orgelbauerin ein eigener Beruf ist, weil das läuft irgendwie alles so unterm Radar und die ganzen Handwerksberufe, die weiß man normalerweise nicht, wenn man im Handwerk nicht drin ist. du gewusst, dass es diesen Job an sich gibt? Nö. Das wusste ich erst, nachdem ich dann erfahren habe, dass es dann Orgelbauer gibt. Da habe ich mich mal damit beschäftigt und war sehr erstaunt. Also wahnsinn einfach. Kannst du ein bisschen was aus deiner Ausbildung erzählen? Wie läuft die Ausbildung zur Orgel und Harmoniumbauerin genau ab? Also es gibt eine einzige Schule in ganz Deutschland, die diesen Beruf ausbildet und die ist in Ludwigsburg im Baden-Württemberg, in der Nähe von Stuttgart. in meiner Klasse waren damals, wie viele waren wir denn da? glaube 22. Ich war das einzige Mädel und in der Parallelklasse gab es noch ein paar Mädels. Also insgesamt waren wir glaube ich irgendwie 40 Schüler und Schülerinnen. Und genau, es gab dann sechs Blöcke. Ich musste also sechsmal fünf Wochen oder sieben Wochen dann zur Schule fahren und dann haben wir dort alles Technische bei der Orgel gelernt und haben auch in der Werkstatt mal eine Pfeife bauen dürfen. In meiner Ausbildungszeit war ich hauptsächlich eigentlich fast nur im Außendienst unterwegs, also mit Orgelreinigungen, Stimmung, Wartungen. Ich habe aber auch hin und wieder mal in der Werkstatt mitgebaut an neuen Orgeln. Ja, und als Abschluss, nachdem man dreieinhalb Jahre dann eben diese Ausbildung gemacht hat, musste man so ein kleines Mini-Örgelchen bauen, portative heißt das. Und das steht heute noch bei mir im Wohnzimmer. Und das ist wirklich spielbar, also eine kleine Orgel. Genau, also man hat hinten so ein kleines Bällchen dran, das kann man dann aufblasen und dann zudrücken und dann kann man spielen. Ach, wie cool. Das ist ja auch eine schöne Erinnerung dann an diese Ausbildung. Auf jeden Fall. Wie ging es danach für dich weiter? Ich bin in Betrieb geblieben, wo ich meine Ausbildung gemacht habe und habe dann auch meine Tätigkeit halb Werkstatt, halb Außendienst weiter gemacht. Also ich habe auch viel an neuen Orgeln mitgebaut und weiterhin Außendienst getätigt. Dann habe ich irgendwann dann nach, jetzt muss ich mal eben überlegen, also ich glaube das war 2000.

Max Herrmannsdörfer: Ja, 2024 habe ich dann meinen Ausbildungsbetrieb verlassen wegen gesundheitlichen Problemen und bin dann in einen anderen Betrieb gewechselt, den ich dann aber auch irgendwann wieder verlassen habe. Und jetzt bin ich nur noch hauptsächlich im Außendienst unterwegs und ja, ich finde super. Das heißt, du fährst in der Woche mehrere Orgeln an, mehrere Kirchen an und schaust, da alles so läuft, wie es laufen soll. Genau, und ich stimme die Orgeln und repariere auch immer was und ja, ich lerne viele Orgeln auf jeden Fall kennen. Unterschieden sich die Orgeln alle oder sind die alle ähnlich vom Prinzip, vom Aufbau her oder gibt es da wirklich krasse Unterschiede? Also je nachdem, wenn ich jetzt, es gibt ja so ein paar Orgelbaufirmen, die man hier immer wieder mal hat, wenn man im Außendienst unterwegs ist. Klar, die sind ähnlich aufgebaut und so, aber trotzdem, die sind alle unterschiedlich. Also das kann man so bisschen vergleichen mit Autos. Die sind zwar alle irgendwie ähnlich aufgebaut, aber trotzdem, jedes fährt sich anders, jedes klingt anders und sieht auch anders aus. genau. Und dann gibt's natürlich verschiedene Arten, wie man eine Orgel aufbauen kann. Es gibt pneumatische Orgeln, die funktionieren nur mit Wind. Dann gibt's pneumatisch-elektrische Orgeln, die funktionieren mit Wind und Elektrik. Mechanische Orgeln, da ziehst du Hebel und bringst alles durch Hebelwirkung und so weiter und sofort in Bewegung und zum Klingen. dann gibt es auch reine elektrische Orgeln, die funktionieren dann nur auf elektrisch. Der Vergleich zum Auto finde ich schön. Verschiedene Modelle, funktionsweise immer ähnlich, aber trotzdem dann auch für dich immer wieder irgendwas Neues. ich denke, du entdeckst dann auch in der Wartung immer wieder neue Herausforderungen, die du dann irgendwie bewältigen musst. Auf jeden Fall. Man lernt nicht aus. Hast du denn irgendein Projekt, irgendeine Orgel, was dir mal besonders in Erinnerung geblieben ist? Dein spannendster Auftrag. Hast du da was? Definitiv. erst mal der Neubau in Erkelenz damals. Das war noch immer ein Ausbildungsbetrieb. Da haben wir eine Orgel neu gebaut mit über 50 Registern.

Max Herrmannsdörfer: wo ich hinten die 32 Fuß Kegelade gebaut habe. Das war auch so eine Sache, das habe ich vorher noch nie gemacht. Dann steht das da und man denkt sich, wow, das steht jetzt einfach für immer in dieser Kirche. Und es ist einfach total wahnsinnig, wenn man dann daran denkt, das habe ich gebaut, das klingt, das funktioniert einfach. Ja, und was ich noch erlebt habe, das war auch vor ein paar Jahren, da wurden wir zu einer Orgel gerufen und da funktionierten ein paar Töne nicht. Der Organist sagte schon, hier fliegen auch Fledermäuse durch die Kirche. Dann sind wir da schon hingefahren und haben uns gedacht, okay, ja, wir wussten schon, was Sache ist. Wir kamen an, sind in die Orgel gegangen, es hat eine Verwesung gerochen. Die lagen in den Pfeifen unten drin, die Fledermäuse verwest. Und oben drauf noch welche, die gelebt haben. konnten wir auch noch retten. haben fünf oder sechs Fledermäuse überlebt. Aber das sind halt Seiten im Beruf des Orgelbauers, Die hat man immer wieder mal, dass da irgendwelche tote Vögel oder so drin liegen. Das bleibt einem dann auch gerne mal in Erinnerung. Aber ansonsten, wenn ich Orgel und Stimme warte, ich hab den ganzen Tag so eine Kirche dann für mich alleine und ist einfach schön. Also gibt auch stressige Tage, aber ist immer schön eigentlich. Glaub ich, man hat meistens eigentlich seine Ruhe. Außer wenn man stimmt oder so, klar, dann hat man Sound. Aber sonst ist doch eine Kirche eigentlich ein sehr ruhiger Arbeitsplatz. Definitiv. Auf jeden Fall. Und hatten wir ganz am Anfang im besten Fall auch ein kühler Arbeitsplatz. das fühlen wir jetzt nicht nochmal aus. Ich habe aber am Anfang gesagt, es gibt nur noch wenige hundert Betriebe, wenige hundert Orgelbauer und auch nicht viele Mitarbeitende, die in diesem Handwerk arbeiten. Aber gefühlt hat doch jedes kleine Dorf hier in Deutschland mindestens mal eine Kirche, in der auch eine Orgel steht. Ist das nicht ein Riesenungleichgewicht, dass es viel zu wenig Betriebe gibt und viel zu viele Orgeln, die irgendwann auch mal restauriert und gewartet werden müssen? Also ich sag mal so, wenn das jetzt in diesem Gleichgewicht ist, dann hat man natürlich mehr Arbeit, ne? Also für euch natürlich. Aber schafft ihr das überhaupt? Schafft ihr das überhaupt, dieses Pensum abzuarbeiten?

Max Herrmannsdörfer: Ja, eigentlich schon. gibt natürlich Zeiten, an ich mich erinnere, da hat man Reinigungen auf die nächsten zwei, drei Jahre geschoben. Aber ansonsten, das schafft man eigentlich ganz gut. Wenn alle an einem Strang ziehen, dann klappt das. Das ist meine Erfahrung. Es kann sein, dass irgendwo anders voll die Hütte brennt und die nicht wissen, wohin mit dem, wir kamen. Aber mein Teil kann sagen, es funktioniert ganz gut. Lea, was würdest du sagen, was fasziniert dich am meisten an deinem Handwerk? Was mich wirklich am meisten fasziniert ist, tatsächlich man baut so ein Ding und es bleibt immer da stehen. Wenn man sich mal so Abschnittgeorgeln anguckt, die stehen hunderte Jahre da und die stehen einfach noch. was mich auch unheimlich fasziniert ist. Was man auch manchmal so in alten Orgel sieht. Also so alte Pfeifen, man noch Spurentonationen sieht, die ein Orgelbauer da vor 300 Jahren gemacht hat. Den Gehäuse von innen, wenn man da noch irgendwas so zapfen sieht, die auch schon unglaublich alt sind. Mensch, der das Gehäuse gebaut hat, der lebt hier dann auch einfach nicht mehr. Und das ist dann einfach wie so ein Orgelbauer-Tagebuch irgendwie. Also man sieht genau, was hat man sich dabei gedacht und warum ist es so? Man hört die Orgel dann und irgendwie erzählt sie auch eine Geschichte. wenn ich dann so ein Instrument stimmen darf und dafür einen Teil beitragen darf, dass diese Orgel auch weiterhin so besteht, das ist einfach wunderschön. Und man sieht dann auch, die Leute sind glücklich, wenn so eine Orgel wieder stimmt und super aussieht nach einer Reinigung zum Beispiel. das ist das, was mich eigentlich so am meisten erfreut an meinem Beruf. So eine Orgel ist natürlich auch ein wichtiges Prestigeobjekt für die Kirche. Klingt nicht nur mächtig und schön und voll, sondern sieht einfach auch toll aus. Und ist, glaube ich, wirklich so ein Aushängeschild auch für eine Kirche, wenn die Orgel einfach passt. Ja, also manche Kirchen haben das ja. Ich mache das immer gerne so. Ich gehe dann bis zum Altar nach vorne, drehe mich dann und dann lasse ich das alles auf mich wirken. Das volle Erlebnis dann einfach mitnehmen. Richtig schön. Also ein sehr,

Max Herrmannsdörfer: schönes Handwerk hatten wir bisher bei uns im Podcast noch nicht. bin ich froh, dass du über dieses Handwerk jetzt bei uns bisschen was erzählen konntest. Lea, ich hätte zum Abschluss noch einen kleinen Schlussblock, ein paar Fragen, die wir allen unseren Gästen stellen und ich würde sie dir gerne auch stellen. Die erste Frage, gibt es irgendjemanden, mit dem du gerne mal einen Tag tauschen würdest? Mal das erleben, was irgendwer anderes erlebt. Doch, es gibt Windanlagenmechaniker und das finde ich irre cool, wenn ich dann so Videos sehe, die stehen dann da auf so Windkraftanlagen und haben da so eine mega geile Aussicht. Also wenn ich das mal so für einen Tag machen könnte, das wäre eigentlich schon ziemlich cool. Ich sage dir was, ich habe das auch auf meiner Liste. Das war dann eher aus beruflichem Kontext, dass ich mal jemanden begleiten möchte, der auf so eine Windkraftanlage hochfährt. Wenn es da mal irgendwo einen Termin vor Ort gibt, ich sag dir Bescheid. Vielleicht kriegen wir das mal hin. Zweite Frage. Was war für dich die beste Entscheidung, die du je getroffen hast? Es war definitiv die Ausbildung zur Orgelbauerin zu machen, weil ich habe in der Schule damals auch meinen Mann kennengelernt und er ist auch noch Orgelbauer. Wenn ich das nicht gemacht hätte, dann hätten wir uns wahrscheinlich auch nicht kennengelernt. Also vielleicht auch doch, weil wir ziemlich nahe einander gewohnt haben, muss man sich auch mal überlegen. Wir kommen eigentlich beide aus derselben Ecke und lernen uns einfach in Baden-Württemberg kennen. Das ist doch eine super gute Geschichte. Aber trotzdem hättest du diesen Job damals nicht angenommen, die Ausbildung nicht gemacht. Ich weiß nicht, ob du dann jemals zum Orgelbau irgendwie gekommen wärst. Aber das ist ja super. Ich habe das bei Instagram gesehen. dass dein Mann auch Auge Baue ist. Und ich habe gesehen, er ist Glockensachverständiger. Also er baut dann die Glocken, im Kirchturm zum Beispiel hängen oder arbeitet an den Glocken. Ja, also er arbeitet an den Glocken. Er baut die aber nicht selber. Glockensachverständiger heißt, er gibt dir einen Auftrag, der entwirft die, begleitet auch, ja das kann er eigentlich besser erzählen als ich. Vielleicht ergibt sich da mal ein zweiter Podcast draus.

Max Herrmannsdörfer: Aber auch das ist wirklich super toll und sehr schön, sehr schön, auch die Bilder und Videos dann zu sehen. Aber auch das, ja, anderes Handwerk behandeln wir vielleicht mal in einer anderen Folge, wenn es dann Glockenbau geht. Ich habe eine weitere Frage für dich. Was bedeutet für dich Handwerk im Allgemeinen? Man schafft etwas mit seinen eigenen Händen, wovor man dann ein Leben lang was von hat und auch noch die Menschen, die danach kommen. Lea, habe zum Abschluss noch vier Begriffe mit der Bitte, dass du ganz kurz und knapp auf diese Begriffe antwortest. Was ist Heimat für dich? Mein Zuhause. Und das ist wo? Das ist in Nettetal. ist in der Nähe von Vendlo. liegt so zwischen Mönchengladbach und Holland. Niederland, Entschuldigung. Nächster Begriff. Hast du irgendein Vorbild? Ich finde Brian May richtig cool. Also der Gitarrist von Queen. Du spielst selbst Gitarre, Genau, also seit ich sieben Jahre alt bin, das hat so ein bisschen nachgelassen, aber wenn ich eine Gitarre in die Hand nehme, weiß ich eigentlich immer sofort, was ich irgendwie spielen könnte. Cool. Okay, schön, finde ich gut, finde ich gut. Ich bin selbst Gitarrist, ich spiele selbst Musik, ich mache selbst Musik und ja, Gitarristen als Vorbilder finde ich gut. Nächster Begriff. Was ist Glück für dich? Wenn man wunschlos glücklich ist, wenn alles ausgeglichen ist. Zu Hause, Heimat, Beruf, wenn mit den Freunden alles stimmt, wenn in der Beziehung alles klappt, wenn der Familie alles super ist. Letzter Begriff. Hast du irgendein Motto? Das lübt schon. Ja, dann typisch oder passend zur Region, in der du dich da befindest. Sehr schön. Dann wünsche ich dir weiterhin, dass alles läuft, alles lübt. Ich komme nicht aus NRW, deshalb versuche ich es gar nicht erst. Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und ganz viel Spaß in deinem Beruf. Vielen herzlichen Dank, dass du hier zu Gast warst bei uns bei Handwerk erleben. Ja, super. Vielen Dank auch. Und das Gleiche wünsche ich auch für dich. Mach's gut, Lea. Ciao. Tschüss. Das war's mit Handwerk erleben.

Max Herrmannsdörfer: Dir hat diese Folge gefallen? Dann abonniere diesen Podcast, keine Folge mehr zu verpassen. Wir freuen uns auch über eine 5-Sterne-Bewertung bei deiner Podcast-Plattform. Dieser Podcast ist eine Produktion der Handwerker Radio GmbH. Weitere Informationen findest du unter www.handwerker-radio.de

Max Herrmannsdörfer: Diese Folge wurde unterstützt vom Holzmann Medienshop, deinem Partner in Sachen Fachmedien für Mittelstand und Handwerk.

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